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Von Engeln, Damen und der Kunst des Alterns

«Altern wie ein guter Wein» ist ein Kompliment, das viel zu selten benutzt wird. Denn obwohl altern etwas ist, womit wir wohl alle von Zeit zu Zeit hadern, bringt dieser Prozess auch viele wunderbare Aspekte mit sich. Doch nicht nur Wein wird mit der Zeit besser, auch viele Spirituosen profitieren von einer langen Reifezeit.

Armagnac

Armagnac wird oft als der grosse Bruder des Cognacs betitelt. Er ist die älteste bekannte französische Spirituose und nach europäischem Spirituosenrecht eine kontrollierte Ursprungsbezeichnung. Name, Herkunft und Herstellungsverfahren sind durch die Appellation d’Origine Contrôlée gesetzlich geregelt. Grundlage für die Herstellung von Armagnac sind Weissweine, die in einem einzigen Brennvorgang destilliert werden. Daraufhin lagert er in Eichenfässern und wird je nach Reifungsdauer in verschiedene Kategorien eingeteilt.

Bezeichnung --- Reifung im Fass (Mindestdauer)
  • VS - Very Special --- 1 Jahr
  • VSOP - Very Superior Old Pale --- 4 Jahre
  • XO - Extra Old oder Hors d’Âge extra alt --- 10 Jahre

Bedeutet höheres Alter beim Armagnac auch höhere Qualität?   

Einige Armagnacs können bereits nach einer relativ kurzen Lagerzeit von einigen Jahren eine hohe Qualität aufweisen, während andere Armagnacs erst nach mehreren Jahrzehnten ihr volles Potenzial entfalten. Die Qualität eines Armagnacs wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie den verwendeten Rebsorten, dem Terroir, den Destillationstechniken und den Lagerbedingungen.

Die Antwort lautet also: Nicht unbedingt. Das Alter eines Armagnacs ist nicht immer ein direkter Indikator für seine Qualität. Allerdings trägt die Lagerzeit dazu bei, dass ein Armagnac an Komplexität und Finesse gewinnt. Ältere Armagnacs sind geschmacklich häufig etwas runder.

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Cognac

Nun also zum weitaus bekannteren Bruder des Armagnacs, dem Cognac. Auch der Cognac ist ein Weinbrand mit geschützter Herkunftsbezeichnung, er wird jedoch doppelt destilliert. Der Ausbau findet vorwiegend in französischen Eichenfässern statt. Das Holz ist einer der Schlüssel zur Qualität. Einfluss haben auch Lagerungsbedingungen in trockenen oder feuchten Kellern. Denn nach ungefähr 50 Jahren im Fass hat der Cognac ein Alkoholvolumen von ca. 40° erreicht. Um dieses zu halten, wird er daraufhin in speziellen Glasflaschen, sogenannten «Dame Jeanne», umgefüllt und in Kellern, die den vielversprechenden Namen «Le Paradis» tragen, gelagert. Je nach Alter wird er in verschiedenen Kategorien klassifiziert.


VS - Very Special: Mindestens 2 Jahre alt

VSOP - Very Superior Old Pale: Mindestens 4 Jahre alt

XO - Extra Old: Mindestens 10 Jahre alt

XXO - Extra Extra Old: Mindestens 14 Jahre alt

Was bedeutet das Alter für einen Cognac?
Je nachdem, wie lange der Cognac gelagert wird, kann er eine Vielfalt an Geschmacksrichtungen bieten. Diese Eigenschaft geht auch auf den Reifungsprozess zurück. Die Eichenfässer spielen dabei eine wichtige Rolle, das Holz hat einen grossen Einfluss auf den Geschmack. Ein gut gereifter Cognac bringt die Art und Weise seiner Herstellung mit einem komplexen Tableau reicher Aromen zum Ausdruck. In Verbindung mit den Tanninen aus dem Holz des Fasses hat ein alter Cognac oft ein weiches Mundgefühl mit einer samtigen Textur. Jüngere Cognacs können dagegen etwas lebhafter sein, mit einem kräftigen Charakter und einem würzigen Grundgeschmack. Übrigens: Als ältester Cognac der Welt gilt gemeinhin eine Flasche “Clos du Griffier” aus dem Jahr 1788, welche also deutlich älter als 200 Jahre ist.

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WHISKY

Je älter, desto teurer wird Whisky in der Regel. Doch heisst das auch je älter, desto besser?

Whisky reift in Eichenfässern, die zuvor oft für die Lagerung von Bourbon, Sherry oder anderen Spirituosen verwendet wurden. Damit haben sie ein ganz besonderes Geschmacksprofil erhalten. Während der Fasslagerung findet ein komplexer Reifungsprozess statt, bei dem der Whisky mit den Holzaromen reagiert und sich weiterentwickelt. Dieser Prozess trägt wesentlich zur Entwicklung von Geschmack, Aroma und Textur des Whiskys bei.
Während der Lagerung nimmt der Whisky nach und nach die Aromen und Tannine des Holzes auf, was zu einer Veränderung des Geschmacksprofils führt. Junger Whisky ist in der Regel eher fruchtig, würzig und leicht scharf, während ältere Whiskys eine grössere Komplexität und Nuancen von Vanille, Gewürzen, Nüssen und getrockneten Früchten entwickeln können. Ausserdem kann die Reifezeit dazu beitragen, unerwünschte Aromen oder Schärfe zu reduzieren und ein harmonischeres Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Elementen des Whiskys herzustellen. Die Lagerzeit beeinflusst auch die Farbe des Whiskys, da er durch das Holz dunkler wird.
Durch die Lagerung gewinnt der Whisky auch an Geschmeidigkeit und Feinheit, da er durch die Oxidation und Verdunstung im Fass weicher wird. Der Teil, der während der Reifung im Holzfass verdunstet, trägt den Namen «Angel’s Share», also «Anteil der Engel». Denn die lassen sich einer schönen Vorstellung nach einen Teil des gelagerten Whiskys schmecken. Reift der Whisky in einem eher kühlen Land wie Schottland, beträgt der Angel’s Share 1 bis 2 % pro Jahr. In wärmeren Klimazonen ist der Verlust der Flüssigkeit im Jahr wesentlich höher. Dies betrifft sowohl den Alkohol- als auch den Wasseranteil im reifenden Destillat. Somit ist ein Rückschluss des Reifegrades zusammen mit den Altersangaben nur sinnvoll, wenn man auch weiss, in welcher klimatischen Region der Whisky durchgehend reifte.

Rum und Rhum

Auch bei diesen beiden Spirituosen kommt es auf die Region an, in der sie hergestellt und gereift werden. Rhum Agricole, kurz auch Rhum genannt, wird hauptsächlich in französischsprachigen Ländern wie Martinique, Guadeloupe und Haiti hergestellt. Rhum Agricole wird aus frischem Zuckerrohrsaft hergestellt, während Rum in der Regel ein Destillat aus Melasse, einem Nebenprodukt der Zuckerherstellung, ist. Aufgrund der unterschiedlichen Rohstoffe haben Rhum und Rum unterschiedliche Geschmacksprofile und Aromen.

Die Reifung findet sowohl bei Rhum als auch Rum in Eichenfässern statt. Allerdings können die verwendeten Fässer variieren - für Rhum werden häufig Fässer aus französischer Eiche verwendet, für Rum dagegen Fässer aus amerikanischer Bourbon-Eiche. Darüber hinaus kann die Umgebung, in der Rhum oder Rum reifen, den Reifeprozess beeinflussen. Klimatische Bedingungen, Temperaturschwankungen und Luftfeuchtigkeit können die Geschwindigkeit und Intensität der Reifung verändern.

Die Holzreifung erfolgt nach Abschluss der Destillation. Manche Destillate werden in ein Gefäss aus rostfreiem Stahl oder einem anderen Metall gefüllt und erhalten so die Möglichkeit, in diesem Gefäss für kurze Zeit zu ruhen. Dies ist in gewisser Weise die einzige Veredelung, die weisser Rum erfährt. Brauner Rum hingegen wird in Eichenfässer gefüllt, die zuvor mehr oder weniger stark ausgebrannt wurden. Das Ausbrennen der Eichenfässer dient der Reinigung. Gleichzeitig werden intensive Holznoten freigesetzt, die später an den flüssigen Inhalt abgegeben werden. Ein stark ausgebranntes Eichenfass macht die Spirituose dunkler.

Für die Lagerdauer von Rum gibt es keine Obergrenze. Hochwertiger Rum, insbesondere solcher, der in Eichenfässern gelagert wird, kann mit der Zeit weicher und aromatischer werden. Bitte beachten: Die Altersangabe auf dem Etikett bezieht sich bei einem Verschnitt auf den ältesten der verwendeten Rums.

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Grappa

Grappa ist eine aus Traubentrester destillierte Spirituose. Als Trester bezeichnet man die Pressrückstände, also die noch feuchten Schalen und Kerne der Weintrauben, die bei der Weinherstellung zurückbleiben. Bevor er in Flaschen abgefüllt wird, reift auch der Grappa. Allerdings gibt es bei diesem Schritt verschiedene Varianten.

Soll der Grappa nicht gleich getrunken werden oder soll er seine wasserklare Farbe möglichst unverändert bewahren, wird er in geruchs- und geschmacksneutralen Behältnissen aus Edelstahl oder Glas gelagert und gereift. Durch die Reifung im Holzfass können hingegen die Farbe, der Geruch und der Geschmack des Grappas beeinflusst werden. Wenn Grappa gereift wird, geschieht dies normalerweise in kleinen Eichenfässern. Während der Lagerung kann der Grappa Aromen aus dem Holz aufnehmen, die ihm eine weichere Textur und zusätzliche Geschmacksnuancen ermöglichen. Teilweise werden auch gebrauchte Fässer für die Reifung verwendet, die dem Destillat den Geschmack des vorherigen Inhalts verleihen. Diese Art von gereiftem Grappa wird manchmal als "Grappa Invecchiata" bezeichnet. Die Reifungsdauer fällt relativ kurz aus im Vergleich zu anderen Spirituosen wie Whisky oder Rum. Gereifter Grappa hat oft eine goldene Farbe und einen komplexeren Geschmack im Vergleich zum jungen, ungelagerten Grappa.

Insgesamt ist die traditionelle Herstellung von Grappa darauf ausgerichtet, die reinen und natürlichen Aromen der Trauben zu bewahren. Daher ist die Reifung von Grappa in Holzfässern nicht so verbreitet wie bei anderen Spirituosen.

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Calvados

Calvados ist ein bernsteinfarbener Obstbrand aus der Normandie, der aus Cidre hergestellt wird. Seinen Namen verdankt das Getränk seiner geschützten Herkunftsbezeichnung, dem Département Calvados. Nur Cidre- oder Poiré-Brände, die aus elf genau definierten Anbaugebieten der Normandie stammen, dürfen sich Calvados nennen. Seine Herstellung erfolgt in mehreren Schritten. Dazu gehört die Gärung der Apfelmaische und die Destillation, die als einfache oder doppelte Destillation erfolgen kann.

Die nachfolgende Reifung in Eichenfässern verleiht dem Calvados allerdings erst seine charakteristische goldene Farbe und seine komplexen Aromen von Vanille, Karamell und Gewürzen. Je länger der Calvados in den Fässern reift, desto intensiver und komplexer wird sein Geschmacksprofil. Die Mindestlagerzeit für einen Calvados beträgt 2 Jahre, jedoch gibt es auch Varianten, die über 20 Jahre oder sogar länger gelagert werden.

Übersicht der Altersstufen von Calvados
  • Fine, Trois Étoiles oder Trois Pommes --- mindestens 2 Jahre gereift
  • Vieux oder Réserve --- mindestens 3 Jahre gereift
  • VO, Vieille Réserve oder VSOP --- mindestens 4 Jahre gereift
  • Extra, Napoléon, Hors d’âge oder XO --- mindestens 6 Jahre gereift
  • Millésime / Jahrgangs-Calvados --- mindestens 10 Jahre gereift

Nicht nur Weine altern also gut. In den meisten Fällen verleiht die verlängerte Zeit im Fass der gelagerten Spirituose zusätzliche Geschmacksnoten und kann anfängliche Schärfe abmildern, um Raum für komplexere Aromen zu schaffen. Doch ähnlich wie so bei so manchem Geburtstag gilt auch hier: Alter ist nur eine Zahl. Letztendlich ist es eine Frage des individuellen Geschmacks, ob man die subtilen Nuancen und die Tiefe, die eine lange Lagerung in Holzfässern mit sich bringt, bevorzugt, oder den reinen und unverfälschten Geschmack einer jungen Spirituose